Auf meinem Herd köchelt eine Hühnersuppe vor sich hin. Ein wohliges Gefühl macht sich bei diesem Duft in mir breit. Eine Hühnersuppe ist Medizin, sie ist wie eine warme Umarmung an schlechten Tagen, sie spendet Trost, weckt Erinnerungen an die Kindheit, heilt alle Krankheiten und hat für mich die Bedeutung von Seelennahrung. Schon nach den ersten zwei bis drei Löffeln fühle ich mich besser.
Wenn man erkältet oder gesundheitlich angeschlagen ist, braucht man eine gute, hausgemachte Suppe. Diese Auffassung ist in vielen Ländern Europas, vielleicht auch in vielen anderen Teilen der Welt, weit verbreitet. In Kroatien hat das Süppchen, die Juhica (Juchitza gespr.) wie es liebevoll genannt wird, jedoch fast schon einen lebenserhaltenden Stellenwert.
Die obligatorische Vorspeise
Die Juhica ist gut gegen Erkältung, für die Verdauung, stärkt den Organismus im Allgemeinen, beugt Schwächezuständen vor und kann wahrscheinlich selbst bei Blutarmut und Bandscheibenvorfällen noch Wunder vollbringen. Kroaten servieren eine warme Suppe im Winter, wie im Sommer, völlig unabhängig von der Außentemperatur, als obligatorische Vorspeise. Zumindest kannte ich es zu Zeiten meiner Kindheit und Jugend nicht anders.
Ein Sonntagsessen ohne Suppe vorweg? Völlig unvorstellbar! Die Vorstellung bei 30 Grad Sommerhitze die heiße Suppe zu essen gleicht zunächst einmal einer Foltermethode. Erstaunlicherweise muss man sich jedoch nur bei der Aufnahme der ersten zwei bis drei Löffel der dampfenden Flüssigkeit überwinden, dann stellt sich tatsächlich ein wohliges Gefühl in der Magengegend ein.
Wer Suppe isst, braucht keine Medizin
Uns Kindern wurde mit großer Überzeugung erzählt, dass es notwendig sei, zu jeder Jahreszeit, flüssige Nahrung zu sich zu nehmen, damit der Darm nicht verklebt. Ob meine Oma und meine Mutter diesen Quatsch selbst glaubten oder uns mit dieser These nur drohten, damit wir essen, was auf den Tisch kommt, kann ich bis heute nicht richtig einschätzen. In jedem Fall wirkte ihr Spruch, denn es hörte sich nach einer lebensbedrohlichen Krankheit an und so aß ich als Kind stillschweigend die Suppe und versuchte die grünen Fetzen glatter Petersilie, die vor dem Servieren auf die Suppe gestreut werden, unauffällig an den Rand zu schieben.
Aber meiner Mutter und Großmutter entging nichts. Die Petersilie auf der Suppe erfüllte keineswegs einen rein dekorativen Zweck. Petersilie ist gut für die Augen, genau wie Karotten, also gab es kein Pardon. Über die Petersilie hinweg getröstet haben mich Omas Grießklößchen in der Suppe. In einer kleinen Schüssel rührte sie Eier, flüssige oder weiche Butter und Gries zu einem Brei zusammen und ließ mit zwei kleinen Löffeln die Klößchen in die Suppe gleiten.
Meine Suppen Nostalgie
Als alternative Suppeneinlage gab es auch ganz feine Eiernudeln, die bei uns Fideline heißen, wahrscheinlich weil sie so dünn sind wie die Saiten eines Streichinstruments. Diese wurden bei den Bäuerinnen auf dem Markt gekauft und waren fast dunkelgelb, und auch sehr lecker.
Es gibt Gerichte aus der Kindheit, die man im Erwachsenenalter nicht mehr isst, geschweige denn selber kocht, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, oder weil man in Bezug auf gesunde Ernährung aufgeklärter ist. Trotzdem werde ich ganz nostalgisch, wenn ich an die Winter-Tomatensuppe meiner Oma denke. Eine richtige Suppe braucht Zeit zum Kochen, diese hier ging jedoch immer ganz schnell.
Im Winter, wenn es keine frischen Tomaten gab, hat sie die Suppe ganz einfach aus einer Mehlschwitze und Tomatenmark gezaubert. Die Mehlschwitze in Verbindung mit Paprikapulver oder Tomatenmark war und ist zum Teil noch in der Küche des gesamten Gebietes des ehemaligen Jugoslawiens fester Bestandteil zahlreicher Gerichte. Auch in den Kochvideos zahlreicher türkischer Influencerinnen sehe ich die Mehlschwitze häufig.
Ich verwende die Mehlschwitze nur noch für ein paar Klassiker aus dem Repertoire meiner Mutter, die sich seit früher Kindheit so kenne und liebe. Für die Winter-Tomatensuppe meiner Großmutter wird bei mittlerer Temperatur Öl oder Butter in einem Topf erwärmt, dann rührt man ein bis zwei Esslöffel Mehl in das Fett, wenn es schäumt, fügt man eine ordentliche Portion Tomatenmark hinzu, lässt alles kurz anschwitzen und gießt es dann mit Wasser auf. Salzen und pfeffern und fertig ist die cremige Tomatensuppe.
Meine Oma bereicherte diese Suppe mit ganz kleinen Hackbällchen mit Reis, die sie darin ziehen ließ. Ich habe als Kind diese Suppe geliebt. Wenn meine Eltern nicht da waren, durfte ich ausnahmsweise Brotstücke in die Suppe legen. Dies war ansonsten laut “Bonton” – der französischen Knigge, die in Kroatien galt – verboten. Es war so schön zu sehen, wie sich die Weißbrotstücke langsam mit der Suppe vollsaugten, bevor ich sie schön rot gefärbt mit dem Löffel herausfischte und verschlang.
Und während ich schreibe fällt mir ein, dass ich diese Suppe immer aus meinem kleinen Emailleteller gegessen habe, weiß mit Blumen und einem blauen Rand. Diese Kindheitserinnerung fühlt sich heute noch sehr gut an.
Suppenliebe für die nächste Generation
Die Liebe zur Suppe im Allgemeinen haben meine Mutter und ich an meinen Sohn Valerio weitergegeben. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass er mit Suppen aufgewachsen ist.
Da er kein Gemüse mochte, mogelte meine Mutter alle Gemüsesorten, je nach Saison, püriert in seine Suppe. Hühnersuppe, Rindfleischbouillon, Gemüsesuppen, mit Nudeln oder Mini-Ravioli liebte er und tut es bis heute.
Da ich jetzt alleine wohne, koche ich einen großen Topf Suppe und friere sie in Portionen ein. Valerio kann jederzeit vorbeikommen und sich Suppe holen und ich brauche sie nur noch zu erwärmen, was zur kalten Jahreszeit einem Hochgenuss gleicht.
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Danke meine lieben Tomaten Rock'n Roller 🍅
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