Ein Ort der Lebensfreude

Tomaten Rock’n Roll ist mehr als ein Food-Blog. Es ist ein Ort, an dem Genuss und Lebensfreude zusammenfinden. Ein Ort, an dem Du Inspiration für Deinen Alltag findest – sei es durch ein neues Rezept, eine persönliche Geschichte oder einen Gedanken, der Dich zum Schmunzeln bringt. Ich möchte Dich ermutigen, das Leben in vollen Zügen zu genießen, Deine Leidenschaften zu entdecken und Dich von der positiven Energie anstecken zu lassen, die gutes Essen und schöne Erlebnisse in unser Leben bringen.

Die Entdeckung-Essen-Hermina-Tomatensauce-Teil-1

von Hermina Deiana

Die Entdeckung – Teil 1

Verrückt nach Tomatensauce? JA! Das bin ich. Eigentlich ist dies der Titel meines ersten Kochbuchs. Ich liebe ihn, denn nach etwas verrückt zu sein bedeutet für etwas zu brennen und das war soweit ich zurückdenken kann, mein Antrieb. Ich habe mich nicht nur beim Kochen und Essen, sondern im Leben von meiner Leidenschaft leiten und manchmal auch verleiten lassen. Dieser Antrieb fühlt sich an wie ein inneres Brodeln. Es tritt in unterschiedlichen Intensitäten in Erscheinung. Wenn ich diese Aufregung verspürte, bin ich ihr fast immer nachgegangen. Manchmal erwies es sich als falscher Alarm. Nach ein paar Tagen hatte sich das Brodeln in einen stillen See verwandelt. In anderen Fällen hingegen war es ein Volltreffer und wurde häufig mit Glück und Erfolg belohnt. All diese Erlebnisse haben aus mir das gemacht, was ich heute bin. Bei dem ein oder anderen spontanen Sprung, habe ich mir, wie sollte es anders sein, Schrammen geholt. Nicht lebensgefährlich, aber genug um wütend, traurig und enttäuscht zu sein und um sie mir gut zu merken. Man könnte nach negativen Erfahrungen dieses innere Brodeln in Zukunft ignorieren oder als Warnsignal wahrnehmen und unterdrücken. Man könnte risikofrei nur noch Früchte im unteren Teil des Baumes pflücken. Wir entscheiden wie mutig wir sein möchten Wozu Risiken eingehen, wenn wir doch entspannt leben können in einem ruhigen Kosmos? Das ist keineswegs verkehrt und zu verurteilen. Oder man klettert etwas vorsichtiger, aber immer noch hoch genug, weil die schönsten Früchte im  Baumwipfel hängen. Wir entscheiden auf welchem Weg wir Glück in unser Leben lassen und niemand kann uns besser sagen wie wir leben sollen, als wir selbst. Ich erzähle dir hier persönliche Geschichten aus meinem bunten und multikulturellem Leben. Aus diesen Geschichten wirst du auch erfahren, wie sich meine Liebe zum Essen und Kochen durch wundervolle Erlebnisse mit den Jahren entwickelt hat, welchen Einfluss meine Erziehung auf Lebensentscheidungen hatte, wie meine Karriere vor Salsa Paradiso verlief und wie die Idee für meine Tomatensaucen enstanden ist. Aufgeteilt habe ich meine Story in vier Hauptkapitel: die Entdeckung, die Entwicklung, die Entstehung und die Erfüllung. Jedes dieser Kapitel ist unterteilt in mehrere Abschnitte, in der Länge des Genießens eines Kaffes ungefähr, damit du auch mal zwischendurch kurz abschalten kannst beim Lesen. Essen und Kochen: die Wurzeln meines kulinarischen Glücks Beim Kochen und Essen könnte man mich durchaus als international abenteuerlustig bezeichnen. Geboren wurde ich in Zagreb, der heutigen Hauptstadt Kroatiens, wo ich die ersten fünf Jahre meines Lebens als wohlbehütetes Mädchen, Omas Schatz und Liebling der Nachbarschaft verbrachte. In meiner Familie wurde seit jeher Esskultur gelebt. Vor allem beim Thema Tischmanieren gab es keine Nachsicht. Fast täglich wurde gebacken, Brote, Kuchen, Torten mit aufwendigen Dekorationen und Marzipanrosen, kleine Hörnchen aus Hefeteig, die es gefüllt und ungefüllt, süß oder salzig gab und natürlich gefüllte Blätterteigspezialitäten wie Pita, Burek und Strudel für die der Teig auf Laken hauchdünn über den ganzen Tisch gezogen wurde.  Als Kind saß ich sehr oft in der Küche und habe meiner Mutter und Großmutter beim Kochen und Backen zugeschaut. Meistens habe ich einen Klumpen Teig bekommen und meine Oma zeigte mir, wie sich daraus kleine Hörnchen oder Brezeln formen ließen, die wir in den Ofen schoben. Es war ihre Art mich zu beschäftigen, damit ich Ruhe gab und ich liebte es. Stolz bot ich meine kleinen Hörnchen, die bei uns Kiflice heißen (Kiflitze gesprochen),  der Familie und den Nachbarn zum Probieren an. Von allen Seiten gab es spielerisch viel Lob. „Hermina, hast du etwa diese köstlichen Hörnchen gebacken? Bravo!“ Ich strahlte über das ganze Gesicht, erzählte mir meine Mutter häufig. Heute weiß ich, dass es der beste Weg war mich von frühester Kindheit für das Kochen und gutes Essen zu sensibilisieren. Lammleber zum Frühstück In meiner Kindheit wurde gegessen was auf den Tisch kommt. Nicht aus Armut und auch nicht nur als erzieherische Maßnahme. Jede Speise hatte saisonale und gesundheitliche Aspekte und diese galt es strengstens zu beachten: Karotten sind gut für die Augen, rote Bete und Granatapfel für das Blut und Lauch stärkt die Bronchien. Wenn Gemüse- oder Obstsorten Saison hatten, dann wurden sie mehrmals in der Woche  gegessen und sie wurden eingekocht oder eingemacht als Vorrat, denn sie waren nicht wie heute, das ganze Jahr über erhältlich. An Sonntagen gab es für mich als erste Mahlzeit gebratene Kalbs- oder Lammleber. Gewürzt wurde sie mit rotem Paprikapulver und Salz und manchmal wurden Zwiebeln mitgebraten. So sah mein Kinderfrühstück aus. Leber ist sehr gesund und sehr wichtig für das Blut und für Kinder im Wachstum lebensnotwendig, war das Credo in meiner Familie. Was hatte ich doch für ein Glück, dass mir die Innereien geschmeckt haben und ich die Leber freiwillig gerne aß. Vielleicht hatte man sie mir einfach schöngeredet. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich meinem Sohn im Kindesalter Kalbs- oder gar Lammleber, zum Frühstück angeboten hätte. Wie viele Kinder in seinem Alter mochte er damals nicht einmal etwas Grünes auf dem Teller essen, geschweige denn Innereien. Addio süße Kindheit, ich esse jetzt in Deutschland Als ich fünf Jahre alt war, haben wir meine Geburtsstadt Zagreb verlassen und sind  nach Deutschland ausgewandert. Vielleicht erinnere ich mich deshalb so gut an Erlebnisse vor der Auswanderung, denn für mich war es damals ein großer Schnitt. Wäre mein Kinderleben weiterhin verlaufen wie zuvor, wäre dem vielleicht nicht so. Ich war das erste Gastarbeiterkind des Kindergartens, da die meisten Migranten ihre Kinder in der Heimat bei den Müttern oder Großeltern gelassen hatten. Meine Kindergärtnerin hieß Fräulein Gingel und entpuppte sich zu einem der größten Glücksfälle meines Lebens. Sie kümmerte sich sehr engagiert um mich und begann schon am ersten Tag, mir anhand von Bildern auf Holzklötzchen, Deutsch beizubringen. Ich sage euch eins, das größte Hindernis, wenn ihr international unterwegs seid, ist nicht nur die Sprache, nein, es ist auch das Essen und die damit verbundene Esskultur. Das Frühstück an meinem ersten Kindergartentag in Deutschland werde ich nie vergessen. Ich spüre heute noch die Wut, die ich empfand, auf die Mädchen und auf meine Eltern. Omi war die Rettung vor ungeliebtem Essen In meinem jugoslawischen Kindergarten bekamen wir alle die gleichen Mahlzeiten und niemand musste oder durfte sein Essen mitbringen. Zum Frühstück gab es Brote mit Butter und Marmelade mit dicken Fruchtstücken und dazu ein Glas Milch. Ich aß Leber zum Frühstück, bekam jedoch beim Anblick der Marmelade mit den großen Fruchtstücken Anfälle von Übelkeit. Bei den jugoslawischen Erzieherinnen gab es jedoch kein Erbarmen. Meine Oma rettete mich wie eine Komplizin vor den strengen Augen der Kindergärtnerinnen. Sie brachte mich einfach später in den Kindergarten, wenn die Kinder schon spielten und ließ mich zuvor mein geliebtes Frühstück zu Hause essen: ein Brötchen mit frisch aufgeschnittenem Kochschinken und sauren Gürkchen, das wir jeden Morgen im gegenüberliegenden Geschäft belegen ließen. Böse Blicke bei der Ankunft im Kindergarten waren die Regel. Jeden Morgen schimpfte die Kindergärtnerin mit meiner Oma, weil ich wieder zu spät kam. Die Antwort meiner Großmutter hing von ihrer Tageslaune ab und verlief von säuselnd „sei nicht immer böse, du weiß wie sehr ich sie liebe, es bricht mir das Herz sie hier abzugeben“ bis hin zu einem genervten „kümmere dich um deinen eigenen Kram.“ Einmal musste ich über ihre Antwort lachen, was die Situation verschlimmerte. Danach hatte Oma mir die Anweisung gegeben einfach durchzuhuschen und zu den anderen Kindern zu gehen als sei nichts gewesen. Am Nachmittag wiederholte sich die Szene, denn nach dem Mittagsschlaf gab es für alle Kinder erneut Brot mit Marmelade und ein Glas Milch. Meine Oma stand immer zu früh an der Tür, um mich abzuholen und rettete mich erneut. Wir müssen weg, wir haben es sehr eilig, rief sie den Erzieherinnen zu. Statt Marmeladenbrot zu essen, gingen wir lachend in die Konditorei zu Schokoladentorte mit Schlagsahne. Mein letzter Geburtstag in Zagreb vor der Abreise nach Deutschland Esskultur kann trennen oder verbinden Nun mit diesem lustigen Leben war es in Deutschland zunächst einmal leider vorbei. An jenem ersten Kindergartentag saß ich beim Frühstück an einem Tisch mit sieben Mädchen, die mich alle anstarrten. Es ist so lange her und doch erinnere ich mich heute noch minutiös an jede Einzelheit dieses ersten Tages meines neuen Lebens.  Ich holte, wie alle anderen Kinder meine Kindergartentasche, der ich die Tüte mit meinem Frühstück entnahm, das meine Mutter mir vorbereitet hatte, bevor sie zur Arbeit ging. In meiner Tüte lagen zwei dicke Scheiben Weißbrot und zwei Wienerwürstchen. Ich hatte sehr früh gelernt, dass man von einer Brotscheibe nicht abbeißen darf,  sondern das Brot mit den Händen in mundgerechte Stücke bricht, bevor man es zum Mund führt. Die Würstchen teilte ich in zwei Hälften bevor ich abbiss. Ich aß so fein wie ich nur konnte, weil ich spürte, dass ich beobachtet wurde. Alle sieben Mädchen schauten auf mein Frühstück und lachten. Sie packten dunkle, ganz dünne Brote aus. Zuerst dachte ich es seien Kuchen oder Kekse, denn dunkles Brot hatte ich bis dato noch nie gesehen. Dann meinte ich jedoch Wurst oder Käse dazwischen zu erkennen. Ich war in diesem Moment wütend auf meine Mutter, weil sie mir das falsche Frühstück mitgegeben hatte.  Und auf die Mädchen, die mich auslachten, war ich auch sauer. Ich verstand die Sprache nicht, aber auslachen versteht man in jeder Sprache. Am Abend versuchte ich meiner Mutter zu erklären, dass sie mir das falsche Frühstück gegeben hatte, und dass die deutschen Kinder ganz dünne, schwarze Brote hatten. Meine Mutter versprach mir ganz fest, nach diesem schwarzen Brot zu suchen. Tatsächlich kaufte sie am nächsten Tag ein anderes Brot, aber es war immer noch nicht das Gleiche, das die Mädchen im Kindergarten hatten. Es vergingen Monate, bis sie verstanden hatte, was ich meinte, da sie die dunklen Brotscheiben nicht einmal als Brot identifiziert hatte. Mittlerweile waren die Mädchen, trotz meines, für damalige deutsche Verhältnisse, exotischen Frühstücks, meine Freundinnen geworden, denn ich hatte dank Fräulein Gingel sehr schnell Deutsch gelernt und wir spielten ganz wunderbar miteinander. Das Mittagessen war die nächste Tortur: Rahmspinat mit Spiegelei. Die anderen Kinder aßen brav und mir wurde beim bloßen Anblick schon übel, wie mit der Marmelade im jugoslawischen Kindergarten. Wenn das Eigelb in den Spinat lief, fand ich es besonders schlimm. Sauerkraut mit Kassler war der Gipfel, schlimmer ging es kaum. Ich weigerte mich zu essen und musste während der gesamten Mittagsruhe, also fast drei Stunden, vor dem Essen sitzen bleiben, was ich beharrlich tat, ohne das Essen anzurühren. Ich sehnte mich nach meiner Oma, die mich gerettet hätte, aber so war ich mir selbst überlassen. Die deutsche Esskultur machte mir echt zu schaffen. Monate später hatte ich mich an das Essen gewöhnt und Jahre später habe ich es sogar lieben und kochen gelernt. In Gesellschaft meiner neuen Freundinnen fühlte ich mich wohl, also fiel es mir leichter zu essen, was sie aßen, ich machte einfach mit und plötzlich fand ich es lecker! Wenn wir uns doch als Erwachsene nur ein bisschen dieser Haltung beibehalten könnten! Gelungene Integration ist es, wenn du deutsches Essen lieben lernst, weil du Freunde gefunden hast, die du liebst. Dieses gilt für alle Länder. Hermina Deiana Du planst ins Ausland zu gehen oder auszuwandern? Lerne die Sprache so schnell es geht. Schäme dich nicht auch gebrochen zu sprechen. Du lernst am besten in der Praxis, indem du mit Einheimischen sprichst. Deine Traditionen sind wundervoll, aber vergleiche sie nicht ständig mit jenen im neuen Land. Tauche ein, gebe dich hin, nur so kannst du dich gut integrieren. Lerne die Esskultur und die Speisen des neuen Landes kennen. Gleiche Essgewohnheiten und gemeinsame Interessen verbinden. Lerne die landestypischen Gepflogenheiten kennen. Die Menschen im neuen Land werden dir bestimmt gerne helfen. In deinem Umfeld gibt es Menschen aus anderen Ländern oder Kulturkreisen? Es ist nie einfach sein Land und seine vertraute Umgebung zu verlassen. Unabhängig davon, ob man freiwillig, jobbedingt oder aus dramatischeren  Gründen seine Heimat verlässt, man steht immer vor Herausforderungen. Mein Vater hat damals einen lieben Freund in Deutschland gewonnen, der ihm viel geholfen hat. Diese Hilfe ist unvergesslich. Da wir mit dem Zug angereist sind, konnten wir nicht viel mitnehmen aus Zagreb. Wir haben Kleidung, Spielsachen und Kinderschokolade von Familie Hornberger bekommen. Er hat Papa mit in die Fahrschule genommen und hat ihm mit der deutschen Sprache geholfen. So hat unser Vater direkt den Führerschein gemacht und sein erstes Auto, einen Käfer, gekauft. Nie haben wir vergessen, wie lieb sie zu uns waren, als wir es am meisten gebraucht haben.  Wenn ihr die Möglichkeit habt zu helfen, macht es einfach ohne zu lange zu zögern. Es gibt einem selbst auch ein schönes Gefühl.  Vielen Dank 🙏 Danke dir von Herzen, dass du meine Geschichte liest. Ich wünsche dir schon jetzt viel Freude mit den nächsten Teilen. Hier geht es weiter mit Teil 2.

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Hermina-Tomatensauce-Blog-Tomaten-RocknRoll-Teil-2

von Hermina Deiana

Die Entdeckung – Teil 2

Das Thema Essen  und Kochen hatte in meiner Familie einen hohen Stellenwert. Wenn es etwas zu feiern gab, und das war oft, wurde lange geredet, was es zu essen geben sollte. Die Wahl fiel mit der Zeit schwerer, da wir immer multikultureller lebten und unsere Esskultur immer bunter und vielfältiger wurde. Auch war meine Mutter neugierig und versuchte sich im Kochen neuer Speisen, die wir nicht aus Jugoslawien kannten. Uns gefiel das gar nicht. Von Mama wünschten wir uns immer die bekannten Klassiker. Bereits mit zwölf Jahren stand ich mit einem Kochbuch in der Küche und war regelmäßig am Kochen oder am Backen. Während meine Mutter um ihre Kücheneinrichtung und ihr Geschirr bangte, weil es bei mir etwas lauter und temperamentvoller zuging, ermunterte mich mein Vater. Alles was ich kochte, schmeckte ihm gut. Selbst, wenn es misslungen war, sagte er ich hätte super gekocht. Das spornte mich natürlich an. Mit fünfzehn Jahren durfte ich zum ersten Mal an einem Schüleraustausch mit Frankreich teilnehmen. Könnt ihr euch vorstellen wie aufregend es war als junges Mädchen zum ersten Mal ohne Eltern in ein fremdes Land zu reisen und vierzehn Tage bei einer Familie zu wohnen, die ich noch nicht kannte. Ich hatte großes Glück mit meiner Gastfamilie. Sylvian, sein Papa Jacques und seine Mama Ariane haben mich sehr herzlich und wie ein Familienmitglied aufgenommen. Fremde Küchen: Bonjour Frankreich Die französische Esskultur war für mich das Betreten von Neuland, aber gleichzeitig die reinste Offenbarung:  Artischocken, Crevetten, Patés, ganz kleine, dünne Spargel mit lila Köpfen, die in die Finger genommen und wie die Artischockenblätter ebenfalls  in Vinaigrette getunkt wurden, tägliche Vor- und Hauptspeisen mit anschließender Käseplatte, das herrliche Baguette, Café au lait in riesengroßen Tassen und knusprige Croissants zum Frühstück – das war alles neu für mich und ich fühlte mich im kulinarischen Himmel. Als Arianes Küchenhilfe bin ich als waschechte Französin durchgegangen, wie die Familie sagte, denn binnen weniger Tage sprach ich fließend Französisch. Klar ich hatte es bereits zwei Jahre in der Schule gelernt, aber in diesem fantastischen Ambiente flog es mir förmlich zu. Kochen und Esskultur à la Francaise war mein vorübergehendes neues Markenzeichen geworden. Ich liebte mein Leben und lebte es als hätte ich nie etwas anderes getan. Um mein neues Ich auch äußerlich anzupassen, habe ich mir bei einem Friseur in Paris den Haarschnitt der Schauspielerin Isabelle Adjani mit kurzem Pony verpassen lassen. Ich fühlte mich wie ein internationaler Star, als ich in mein beschauliches Oberursel zurückkehrte. Der Gegenbesuch aus Frankreich Nach diesem Aufenthalt in Frankreich war ich geradezu hungrig, nach neuen Erlebnissen, Ländern, Küchen und Spezialitäten, weiteren Fremdsprachen, ich wollte die Welt entdecken! Zunächst jedoch galt es meinen Eltern zu erklären, was ich mir dabei gedacht hatte bei einem Jungen zu wohnen, denn es stand sein Gegenbesuch an und er konnte ja schlecht mit einem von uns drei Mädchen zu Hause in einem Zimmer schlafen. Wir lebten zu fünft in einer 4-Zimmer Wohnung. Ihr Gemecker ging bei mir in ein Ohr rein und zum anderen raus. Schon damals dachte ich, dass es mir egal sei und mir meine schönen Erlebnisse niemand mehr nehmen könne und dass sich sicherlich eine Lösung finden würde. So war es auch. Wir drei Mädchen quetschten uns in ein Zimmer und Sylvian bekam ein eigenes Zimmer. Da er so liebenswert war und die ganze Familie ihn sofort ins Herz geschlossen hatte, kamen wir mit dieser Ausnahmeregelung alle gut klar. Viele Jahre hielt unsere Verbindung und es folgten weitere gegenseitige Besuche.  Meine Liebe zu Frankreich, zur französischen Literatur, Musik, zum französischen Film und selbstverständlich zur Küche ist bis heute geblieben. Weiter geht es mit Esskultur in Italien Mit 18 Jahren begegnete ich in Oberursel meinem zukünftigen Ehemann Antonio, den ich neun Jahre später heiratete. Ich besuchte noch das Gymnasium, er war erst ein Jahr in Deutschland und hatte gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder die Pizzeria ihres Vaters übernommen. Antonio hatte in Neapel das internationale Gymnasium besucht und sprach gut deutsch. Mit ihm unternahm ich meine erste Reise nach Italien und nach Neapel zu seiner Familie. Dort begegnete ich meiner nächsten großen Liebe: der hausgemachten Tomatensauce. Stellt euch vor, auf jene Zeit geht mein heutiges Geschäftskonzept zurück. Das war 1984! Von wegen Italiener kochen nur Nudeln und essen ständig Pizza, wie man uns damals außerhalb Italiens weißmachen wollte. Die Entdeckung der italienischen Esskultur war für mich atemberaubend. Unglaublich was ich in dieser Zeit Kulinarisches entdeckte: Muscheln, Venusmuscheln, Vongole auf Italienisch, Octopus, Meeresfrüchte in allen Formen und Farben, natürlich unzählige Sorten Pasta, das beliebteste und berühmteste Auberginengericht Italiens, die Parmigiana, die original neapolitanische Pizza, die damals einfach zweimal umgeklappt und in Papier gewickelt wurde, den echten Büffelmozzarella, italienisches Gelato – zum Schwelgen! Ich war im Schlaraffenland gelandet. Zuerst konnte ich die ganze Aufregung um pasta al dente nicht nachvollziehen, denn ich kannte bis dato nur weich gekochte Nudeln und mochte sie. Aber ich liebte es, wie bereits in Frankreich, zu Hause in der Familie die traditionellen, authentischen Essgewohnheiten und die Esskultur kennenzulernen. Und ich lerne schnell, sehr schnell. Schon nach diesem Urlaub habe ich die Vorzüge einer italienisch zubereiteten Pasta al dente sehr zu schätzen gelernt und wen wundert es? Natürlich fühlte ich mich jetzt wie eine Italienerin, kleidete mich nach den Vorbildern des italienischen Chic und die Sprache hatte ich auch schon ganz gut drauf. Hauptsache international Als Studentin musste ich sehen wie ich über die Runden komme. Meine Eltern unterstützten mich so gut sie konnten, aber bei drei Kindern war nicht mehr drin als die Miete für meine Studentenunterkunft in Heidelberg, was ihnen große Sorgen bereitete. Mir weniger. Ich wusste, dass ich in der Lage war mich selbst zu finanzieren. Glücklicherweise waren in Heidelberg fast das ganze Jahr über viele Touristen in der Stadt, so dass es reichlich Jobs als Bedienung in der Gastronomie gab. Da ich Essen ohnehin liebte, fiel es mir nicht schwer und da ich zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Sprachen fließend beherrschte, bekam ich auch noch guten Stundenlohn und gutes Trinkgeld. Das waren jedoch nicht die Jobs, die mich reizten. Auf der Frankfurter Messe fühlte ich mich bedeutend wohler. Ich verdiente sehr gut, meine Sprachkenntnisse kamen richtig zum Einsatz und ich erlebte viel. Und natürlich ging ich jeden Abend mit meinen Auftraggebern, meistens italienische oder französische Firmen die Messeaussteller waren, in sehr gute Restaurants essen oder sollte sogar die Restaurants für das gesamte Team auswählen und reservieren. Das war damals das Größte für mich in jeglicher Hinsicht: gutes Geld verdienen, internationales Business Umfeld, tolle Erlebnisse, Einsatz meiner Fremdsprachen. Mehr geht nicht. Dachte ich damals. Zagreb goes international Das Brodeln. Erinnert ihr euch an das Brodeln aus dem ersten Teil? Als ich erfuhr, dass für die Universiade in Zagreb, das sind die olympischen Spiele für Studenten, Mitarbeiter gesucht wurden, stand mein innerer Vulkan kurz vor Ausbruch. Nicht ohne mich! Das lasse ich mir auf keinen Fall entgehen, dachte ich. Ich bewarb mich, wurde genommen und landete im Pressezentrum, welches im Hotel Intercontinental in Zagreb untergebracht war.  Oft hatte ich dieses Luxushotel von außen gesehen. Ja, dieser Ort fühlte sich richtig aufregend an, umgeben von Publikum aus aller Welt, von Delegationsmitgliedern der internationalen, olympischen Komitees, Journalisten, Funktionären und Sportlern. Die Bezahlung war miserabel, aber sie spielte für mich eine untergeordnete Rolle, denn zunächst sollte mein Hunger nach Abenteuern gestillt werden. Es war wie ein Traum, der in Erfüllung gegangen war. Herminchen aus Oberursel, war in der großen weiten Welt gelandet und das auch noch in meiner Geburtsstadt. Ich nervte alle mit Fragen über Fragen, wollte alles wissen, denn ich wollte meine Chance nutzen und mich beweisen. Ich fühlte mich großartig in meiner Rolle. Aber es sollte noch viel besser kommen! Wenige Tage später herrschte plötzlich große Unruhe und alle Mitarbeiter wurden gefragt, ob sie Italienisch sprachen. Ich meldete mich. Bist du ganz sicher, dass du fließend Italienisch sprichst, wurde ich  in strengem Ton gefragt. Es hatte sich gelohnt Italienisch als Studienfach zu wählen, denn ich wurde von einem Moment auf den anderen die Assistentin von Primo Nebbiolo, dem Präsident des Weltleichtathletikverbands IAAF und seiner Delegation, die aus Rom angereist war. Das Glück kommt zu den Fleißigen Ganz ehrlich? Ich hatte noch nie zuvor diesen Namen gehört, wusste zunächst überhaupt nicht von welchem Präsidenten sie sprachen, aber il presidente klang bedeutend. Zum ersten Mal schnupperte ich echte VIP Luft. Ich kümmerte mich um die Gruppe bedeutender Minister, die aus Italien angereist waren und in Rom die Weltmeisterschaft in Leichtathletik, die im gleichen Jahr stattfand, organisierten. Acht Männer begleitete ich fast rund um die Uhr zu Terminen, Veranstaltungen, Meetings, zu Künstlern, Sportveranstaltungen und natürlich zu Essen, Essen und noch mehr wunderbaren Essen. Ich dolmetschte, koordinierte Fahrer und Termine, organisierte Stadtführungen durch meine Geburtsstadt, die ich in jenem Jahr erst so richtig kennenlernte, alles Dinge, die ich in diesem Ausmaß noch nie zuvor getan hatte. Arbeitszeiten? Rund um die Uhr, nicht weil ich es musste, sondern weil ich es wollte. Und ich hatte sehr viel Spaß mit meiner Truppe. Irgendwie flog mir alles zu, weil ich darauf brannte, es gut zu machen. Es machte sich jedoch auch bezahlt, dass ich in der Vergangenheit seit meinem 14. Lebensjahr unzähligen Jobs nachgegangen war. Einfach machen, Erfahrung sammeln und das Beste geben, war seit jeher mein Motto. Ich bin immer der Überzeugung gewesen, dass außergewöhnliches Engagement belohnt wird. Diese Botschaft habe ich auch immer an meinen Sohn weitergegeben. Geh die Extrameile, auch wenn es zunächst so erscheint, als sei es sinnlos. Das ist es nicht. Und wenn du nur an Erfahrung gewinnst, es kommt der Tag, an dem du genau diese brauchst. Um es mit den Worten von Sir Richard Branson zu sagen: „Wenn dir jemand eine erstaunliche Gelegenheit bietet, du aber nicht sicher bist, ob du es tun kannst, dann sag "Ja" - und lerne später, wie es geht!" Sir Richard Branson Die Belohnung Kurz vor Ende unserer Zusammenarbeit fragte mich Dottor Bartolomeo von der FIDAL, Federazione Italiana di Atletica Leggera, ob ich in Rom für sie arbeiten wolle. Ich dachte es sei ein Scherz oder ein Kompliment, für den Moment, das er kurz darauf vergessen würde. Alle acht anwesenden Herren der Organisationskomitees bestätigten mir, dass sie sich freuen würden, mich in Rom begrüßen zu dürfen als Mitarbeiterin für die Weltmeisterschaft in Leichtathletik, die wenige Wochen später startete. SI! Certamente! Merci 😍 Hier geht es zum 3. Teil meiner Geschichte “Die Entdeckung”. Vielen Dank, dass du meinen Beitrag gelesen hast. Ich hoffe, das Lesen hat dir Spaß gemacht und Freude bereitet.

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Hermina Deiana über Rom, Italien und die Weltmeisterschaft

von Hermina Deiana

Die Entdeckung – Teil 3

Die Herren der Delegation des italienischen Leichtathletikverbands waren von meiner Arbeit und meinem Engagement in Zagreb derart begeistert, dass sie mir vorschlugen direkt im Anschluss im Organisationskomitee der Weltmeisterschaft in Leichtathletik in Rom für sie weiterzuarbeiten. Nicht eine Sekunde habe ich gezögert. Ich bin nur kurz zum Packen nach Deutschland gefahren, damals noch viele Stunden mit dem Zug. Wenige Tage später kam das Flugticket nach Rom per Kurier und eine Woche später war ich in Rom. Was für ein Erlebnis! Ich habe mich wie ein Star gefühlt. Ich wurde wieder im VIP Bereich eingesetzt und war dieses Mal für Mr. Hasan Agabani verantwortlich. Er kam aus dem Sudan und war einer der wichtigsten Funktionäre im technischen Bereich, wo die Leistungen der teilnehmenden Sportler geprüft wurden und die Platzierungen offiziell bestätigt wurden. Mein engster Teampartner wurde Giorgio. Er arbeitete während der Weltmeisterschaft als Chauffeur im VIP Bereich und war mir zugeteilt worden. Giorgio entpuppte sich zu einem sehr großen Glücksfall für mich. Mr. Agabani war mit seiner dänischen Frau Ingrid angereist, mit seinen fast erwachsenen Kindern, einer Tochter und einem Sohn und mit seinem Neffen. Giorgio und ich waren in erster Linie für die ganze Familie zuständig. Ich koordinierte die Termine von Mr. Agabani, begleitete ihn mit Giorgio zu ausgewählten Veranstaltungen und ins Stadion. Manchmal wünschte seine Familie parallel Programm und einen Fahrer und es erforderte viel Geschick alle zufrieden zu stellen, was uns jedoch Freude bereitete, da sie unglaublich freundlich waren. Giorgio, der Mann, der Rom fast nie verließ Mit seinen damals fast vierzig Jahren hatte Giorgio nur einmal seine Stadt verlassen, um auf eine Hochzeit in die Toskana zu fahren. „Die ganze Welt kommt nach Rom. Also lebe ich bereits an einem der schönsten Orte der Welt. Wozu soll ich verreisen,“ sagte er voller Stolz. Er arbeitete sehr viel um seinem Sohn die Ausbildung an einer Privatschule zu ermöglichen. Mit Giorgio hatte ich den besten Guide den man sich wünschen konnte, denn er war Römer durch und durch. Jeden Winkel dieser wunderbaren Stadt kannte und liebte er und es war sein Ziel mir alles zu zeigen. Dafür fuhr er mehrmals absichtlich Umwege, nur damit ich bestimmte Sehenswürdigkeiten sehen konnte. Nie werde ich vergessen, als ich zum ersten Mal auf der Piazza Navona stand und mich sofort in diesen Platz verliebte. Georgio ging Espresso für uns bestellen und ich nahm auf der Terrasse Platz und bestaunte die wunderschönen Brunnen. Plötzlich kam Georgio, lachte und sagte vorwurfsvoll ma che fai?, was machst du? Steh sofort auf, weißt du nicht wie viel der Kaffee hier draußen auf der Terrasse kostet? Das ist nur für Touristen! Wir gingen rein in das Café und bestellten nicht etwa Espresso, sondern caffé. Was sonst? Cappuccino trinkt man ausschließlich morgens und maximal bis Mittags. Danach trinkt man nur Espresso, also bestellt man caffé. What else?, würde wohl George, der Namensvetter von Giorgio mit dem Nachnamen Clooney wohl heute sagen. Die Höhepunkte meines Aufenthalts in Rom Ich habe in diesen drei Monaten die italienische und römische Kultur förmlich eingeatmet. Ich wollte alles wissen und lernen und hätte keinen besseren Lehrer haben können als Giorgio. Manche Erlebnisse wurden mir erst im Nachgang so richtig bewusst. Es gibt Orte, die kann man mehrmals besuchen. Meine Highlights dieser drei Monate waren die Einladungen an Orte und  Paläste, die selbst den Römern nicht zugänglich waren. Es war eine einmalige Gelegenheit für diese unvergesslichen Erlebnisse. Ja, das waren schon Zaubermomente, wie ich sie gerne nenne. Aber es war ja auch kein unbedeutendes Ereignis. Die ganze Welt war anlässlich der Weltmeisterschaft in Rom. Villa Madama zu Gast bei Andreotti Ich war zu Gast beim Staatsbankett im Palazzo Madama beim damaligen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti. Natürlich war nicht ich persönlich eingeladen, sondern begleitete Familie Agabani, aber ich war dort und konnte es selbst kaum glauben. Und es gab damals keine Handys liebe Leute. Ich war dort und niemand hat es gesehen, außer jene, die ebenfalls anwesend waren und die wenigsten von ihnen haben sich für mich interessiert. Kein Instagram, kein Facebook, nicht einmal Fotos haben wir gemacht. Wir waren einfach dabei, haben gestaunt und versucht zu realisieren, dass wir wirklich im Palazzo Madama waren. Und wir haben versucht zu erkennen oder zu erraten wer die geladenen Gäste waren. Einige kannte ich bereits und sie freuten sich mich zu sehen, andere wunderten sich, dass ich dabei war, denn ich hatte es ausschließlich Mr. Agabani zu verdanken, der darauf bestand. Und wir haben göttlich gegessen, denn Familie Agabani war so nett und bestand immer darauf, dass wir das essen, was auch ihnen geboten oder serviert wurde, denn es gab durchaus auch Personalessen. Wenn schon das Streetfood in Rom an jeder Ecke so unglaublich köstlich ist, dann stellt euch mal bitte das Menü beim italienischen Ministerpräsidenten vor. Sie haben es drauf die Italiener! Beim Papst in Castel Gandolfo Der Besuch beim Papst Johannes Paul II in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo ist ein unvergessliches Erlebnis. Die zauberhaft angelegten Barberini Gärten, die Schweizer Garden in ihren farbenfrohen Uniformen, die Aufregung der anwesenden Gäste, insbesondere Südamerikanischer Herkunft. Als sie fürchteten der Papst könne den Saal verlassen ohne sie gesegnet zu haben, weil sie in hinteren Reihen saßen, brach ein großer Tumult aus. Die Menschen drängten nach vorne, manche stiegen sogar zum Teil über die Stühle. Ehrlich gesagt, bekam ich Angst, weil es so plötzlich geschah. Damit hatte ich nicht gerechnet. Gerne hätte ich den Saal verlassen, doch das war nicht möglich, solange sich der Papst noch im Raum befand. Die Schweizer Garden bewachten mit ihrem starren Blick alle Ausgänge. Ich war froh, als ich wieder draußen war, wo Giorgio mit Hasan auf uns wartete. Dinner mit Prince Albert in der Engelsburg Das Dinner zu Ehren Prinz Alberts von Monaco in der Engelsburg war ein Spektakel, denn es wurde draußen im großen Innenhof serviert, wo die Atmosphäre magisch war. Auch dort war das Essen selbstverständlich auf Sterne Niveau und Signor Casciotti, den ich aus Zagreb kannte, hatte mich eingeladen mit ihm, seiner Familie und Prince Albert am Ehrentisch zu sitzen. Das war eine ganz besondere Ehre, denn er erzählte von meiner Arbeit für sie in Zagreb und dass sie mich daraufhin für Rom engagiert hatten. Engelsburg in Rom Villa Miani auf dem Monte Mario Die Bilder der pompösen Empfänge in der wundervollen Villa Miani, die Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Monte Mario erbaut wurde, sind bis heute in meiner Erinnerung kein bisschen verblasst, auch wenn ich nie wieder Gelegenheit hatte sie zu besuchen, da sie für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Ganz besonders ist mir Abschlussparty der Weltmeisterschaft im Gedächtnis geblieben. Der große Nudelhersteller hatte zu einem fröhlichen, italienischen Fest geladen zu 10-Gänge Pasta und Live Musikanten, die fast alle italienischen Regionen repräsentierten und Saal zu Saal wanderten. Niemand hielt es mehr auf den Stühlen, alle tanzten ausgelassen. Diese Pasta Party gab wenig später die Vorlage für ein sehr bedeutendes Projekt. Mein kulinarisches Doppelleben in Rom Der VIP Bereich des Stadions wurde fast zu meinem zu Hause. Alles im Auge behalten, das Sportgeschehen, um danach mitreden zu können, die Gäste beobachten, wer gehört zu wem, wer unterhält sich mit wem?, für jeden ein nettes Wort und eine freundliche Geste haben, einen Blick, ob alle gut bewirtet und betreut werden, gegebenenfalls die Servicekräfte aufmerksam machen und niemals angestrengt wirken.  So sah ein Teil meines Alltags während der Weltmeisterschaft in Leichtathletik aus. Ich führte eine Art Doppelleben zwischen internationalem Glamour und Staatsbanketts im Job und italienischem Alltag der Durchschnittsbevölkerung. Ich hatte unzählige Freundschaften mit Mitarbeitern geschlossen  und war in der sehr knapp bemessenen Freizeit bei ihnen und ihren Familien zu Hause eingeladen, wo ich gerne in der Küche beim Kochen assistierte, weil ich neugierig war auf das Essen. Wolfsbarsch in Salzkruste lauwarm serviert an feiner Zitronen-Mayonnaise, schwarze Risotti mit Meeresfrüchten und der Tinte vom Tintenfisch, die auf der Zunge zergingen, Mille Feuille vom mediterranen Gemüse und feinste Desserts lernte ich auf den zahlreichen Empfängen für die Organisatoren und Delegierten der Weltmeisterschaft schätzen. Einerseits hatte ich die Ehre die Weltmeisterschaft hautnah im VIP Bereich zu erleben und gleichzeitig das echte, authentisch italienische Leben mit meinen Kollegen zu genießen. Wie man eine Carbonara und Amatriciana originale zubereitet, das und Vieles mehr lernte ich bei meinen weiblichen und männlichen Freunden und Kollegen zu Hause. Und jede Ecke Roms hatten einen Zauber inne, dem ich in jenem Sommer erlegen bin. Ich habe mich in diese Stadt, das dortige Leben und in die italienische Küche restlos verliebt und bin es bis heute geblieben. Nach Frankreich und Italien führten mich Reisen in die Küchen von Geschäftspartnern und Freunden in Finnland, Norwegen und Spanien. Grazie 🙏❤️ Vielen Dank, dass du meinen Beitrag gelesen hast. Ich hoffe er hat dir gefallen. Wenn ja, würde ich mich riesig freuen, wenn du ihn mit deinen Freunden und in deinen sozialen Netzwerken teilen würdest.

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von Hermina Deiana

Die Entdeckung – Teil 4

Jugoslawien, Kroatien, Deutschland, Frankreich und Italien habt ihr bisher mit mir bereist. Wie kommt sie denn nun nach Finnland, werdet ihr euch fragen? Nach meinem Studium in Heidelberg bin ich beruflich in Frankfurt durchgestartet bei der Direktmarketing Agentur Wunderman Worldwide. Ehrlich gesagt wusste ich nicht einmal was Direktmarketing ist, als ich diese Stelle antrat. Das Gehalt, das sie mir boten war aber überzeugend und dafür war ich bereit alles zu lernen was nötig war. Und zwar schnell!! Das Witzige ist, dass ich wenige Jahre zuvor mit einem Mailing, also einer Direktmarketing Aktion, das Business meines späteren Ehemanns zum Laufen gebracht hatte, ohne auch nur zu erahnen, dass dieses mal mein Beruf werden würde. Das Leben schreibt einfach die schönsten Geschichten. Traumjob mit Reisen in 12 europäische Länder Aufgrund meiner Sprachkenntnisse wurde mir ein paneuropäischer Verband aus zwölf Mitgliedsstaaten als Kunde zugewiesen und ich war die glücklichste 26-jähige Frau auf Erden mit meinem Projekt. Klar arbeitete ich Tag und Nacht und an den Wochenenden, aber ich wollte ja schließlich etwas erreichen und aufsteigen. 4 Tage Woche? Work-Life-Balance? Diese Ausdrücke gab es damals nicht, nicht einmal die Gedanken daran gab es. Mein Engagement hatte sich gelohnt. Innerhalb von anderthalb Jahren war ich Account Director International Direct Marketing und bereiste regelmäßig zwölf europäische Länder, darunter Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland, die ich bislang überhaupt nicht kannte. Es gab damals keine Video Konferenzen, es gab keine Smartphones und wir verschickten noch Faxe, was schon ein enormer Fortschritt zu dem früheren Telex war. Die persönliche Kommunikation in Form von Live Konferenzen war ein unentbehrliches Element und somit waren Flüge zu Treffen und zu mehrtägigen Konferenzen eher die Regel als die Ausnahme. Wahnsinn was für revolutionäre Zeiten folgten und es liegen nur etwas mehr als 30 Jahre dazwischen. Großartige Gastfreundschaft in Finnland Üblicherweise waren Flüge und Hotels für mich gebucht und ich besuchte meine Kunden in ihren Büros oder es waren Konferenzräume in den Hotels reserviert worden. Nicht so in Finnland. Nicht so bei den zwei Top Managerinnen Elisa Göös und Riitta Vuorenmaa. Elisa bestand darauf mich am Flughafen abzuholen, was sehr unüblich war, aber ich freute mich sehr über ihre Gastfreundschaft und auf unser Wiedersehen. Anlässlich mehrerer Konferenzen waren wir uns bereits zuvor begegnet. In Finnland ist die Sauna Pflicht Wir fuhren in das Hotel, das für mich gebucht war, zum Einchecken. Ich war überzeugt, dass wir danach auf dem Weg ins Büro waren und dort Riitta treffen würden. Überraschung und Plan Änderung! Erst als Elisa vor dem Gartentor eines schönen Einfamilienhauses parkte, war klar, dass wir bei Riitta zu Hause angekommen waren. Riitta erwartete uns in einem Jogginganzug in den Logofarben ihres Unternehmens und hatte zwei weitere Jogginganzüge in der gleichen Farbe für uns bereitgelegt. Doch zuerst ging es traditionell für uns drei in die Sauna. Das hätte ich mir nicht einmal träumen lassen mit meinen Kundinnen in der Sauna zu sitzen. Anschließend zogen wir alle die gleichen Jogginganzüge an und halfen in der Küche beim Zubereiten der Salate, die Riitta zum Abendessen vorgesehen hatte. Da standen wir in den gleichfarbigen Jogginganzügen wie Teletubbies in der Küche lachten und hatten großen Spaß. Ich denke nicht, dass Riitta alle Geschäftspartner zu sich nach Hause eingeladen hatte. Ich war immer offen, gastfreundlich, wenn sie in Frankfurt waren habe mich um meine Kunden gekümmert, wie um Freunde. Das war für mich selbstverständlich. Riitta hatte mich richtig eingeschätzt, als weltoffene Frau, die ihre Gastfreundschaft gerne annimmt und sehr schätzt.  . Was du ausstrahlst und gibst, bekommst du zurück. Hermina Deiana Räucherhütte im Garten ist typisch Finnland Als Riittas Mann von der Arbeit kam, folgten wir ihm in den Garten und bestaunten die Räucherhütte, in der er den Fisch für das Abendessen räucherte. Wir spielten mit den Kindern, kochten und deckten den Tisch wie eine Familie und aßen zusammen. Das Essen war köstlich, nie zuvor habe ich so einen feinen Räucherfisch genießen dürfen. Keine Spur von Business, nur gute Stimmung und Herzlichkeit. Nach dem Essen kuschelten wir uns auf das Sofa und schauten Hochzeitsfotos an. Ich gestehe, dass ich diese herrlich entspannte Mentalität und Herzlichkeit nicht mit Finnland in Verbindung gebracht hätte. Niemand ist wohl frei von Vorurteilen. Mit diesem Akt großer Gastfreundschaft und dem Mut ein Business Meeting anders als üblich zu gestalten, haben Elisa, Riitta und ihre Familie sich für mich unvergesslich gemacht. Am nächsten Tag haben wir unsere Agenda erfolgreich durchgearbeitet. Wir waren durch den gemeinsamen privaten Tag auch beruflich noch näher zusammen gerückt. Elisa hat mich vor meinem Rückflug noch durch die Lebensmittelgeschäfte von Helsinki geführt, da sie wusste wie gerne ich esse und koche. Dort habe ich die berühmten Moltebeeren, gelbe Brombeeren aus Lappland gekostet. Und da sie sehr lecker waren, habe ich für die ganze Familie Marmeladen und den Lakka Likör gekauft. So betrat ich wie auf fast all meinen Geschäftsreisen, auch in Helsinki, die Business Class im Flugzeug im Kostüm, High Heels und mit Einkaufstüten voller Lebensmittel. Vor dem 11.09.2001 war das noch möglich. Moltebeere aus Finnland und Lappland Deutsch-Norwegische Freundschaft Kinder sind einfach unglaublich. Mein Sohn wurde mit fünf Jahren in der internationalen Schule eingeschult. Es gab zwei Gründe, warum ich mich dafür entschieden hatte. Zum einen weil es eine tolle Schule ist und ich mir für ihn ein internationales Umfeld wünschte. Der zweite Grund ist pragmatischer Natur, denn es war eine Ganztagsschule und ich konnte arbeiten. Er sprach kein Englisch und die ersten Tage brach es mir das Herz ihn weinend in der Schule zurückzulassen. Ich kannte diese Situation aus eigener Erfahrung und ich wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis er Freunde fand. So war es auch. Zunächst bildeten sie den „deutschen Stammtisch“, wie ich es nannte. Die Kinder, die deutsch sprachen, fanden sich schnell. Nach ca. vier Wochen sagte Valerio, dass sein Freund Markus am nächsten Tag mit zu uns kommen würde. Ich freute mich riesig, denn die Woche zuvor war Lorenz aus Österreich schon bei uns gewesen. Als ich am nächsten Tag die Jungs von der Schule abholte, begrüßte ich Markus mit den Worten „Hallo Markus, ich bin Valerios Mama und freue mich, dass du heute zu uns kommst.“ Ich hatte ihn in deutscher Sprache angesprochen. Mein Sohn verdrehte die Augen und sagte…Mama, du musst mit Markus Englisch sprechen, er kommt aus Norwegen. So erfuhr ich, dass Markus der Sohn eines Profi Fußballers war, der für Eintracht Frankfurt spielte. Da Valerio bereits seit seinem vierten Lebensjahr im Fußballverein spielte und Markus Fußball ebenfalls liebte, war es einfach die perfekte Freundschaft zwischen den beiden. Noch besser wurde es, als ich Markus Mama Marianne kennenlernte. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Viele Wochenenden verbrachten wir gemeinsam mit den Kindern, weil unsere Männer beruflich eingespannt waren. Jan als Fußballer, Antonio als Gastronom. Ich kochte, weil Marianne es weder kann, noch mag. Ich fand es witzig wie sie dazu stand, sie ist einfach eine super coole Frau. Marianne  kümmerte sich um den Wein und ich um das Essen, wir tanzten mit den Kindern und hatten so richtig viel Spaß. Abschied und Wiedersehen in Norwegen Dann kam die traurige Nachricht. Nachdem der Papa von Markus in einem legendären Match im Frankfurter Stadion durch sein Tor die Eintracht zurück in die erste Liga geschossen hatte und wir live dabei sein durften und aus dem Jubeln nicht mehr raus kamen, verließen sie Frankfurt und kehrten zurück nach Norwegen. Der Abschied ist uns sehr schwer gefallen, doch schon wenige Wochen später besuchten wir sie in Oslo und die Wiedersehensfreude war riesig. Was ich an den skandinavischen Ländern sehr liebe, insbesondere an Norwegen, ist das Understatement. Nichts wirkt protzig, alles wirkt schlicht und bodenständig. So auch das wunderschöne Haus. Marianne hat einen sehr schönen Einrichtungsstil, auch geprägt durch die Jahre, die sie gemeinsam in England verbracht hatten. Und ihre Küche war unglaublich toll, ich war begeistert! Unser running gag, über den wir uns regelmäßig kaputt lachten war ein italienisches Sprichwort, das besagte „der liebe Gott hat jenen die besten Zähne gegeben, die ohnehin kein Fleisch essen“. „Was machst du mit so einer fantastischen Küche, wenn du doch nicht gerne kochst“, lachte ich. „Ich habe sie gekauft, damit du darin kochst,“ alberte sie zurück. Und ich habe gekocht, meine Lieben, und wie ich gekocht habe, ich habe ihre schöne Küche einweihen dürfen, welch Ehre. Die Leckereien in Norwegen Zuvor hatte ich bereits auf meinen zahlreichen Geschäftsreisen nach Oslo in Norwegen Rentierfilet probiert, den unglaublichen Lachs und auch das luftgetrocknete Rentierfilet, das an das italienische Bresaola erinnert und nicht so streng schmeckt, wie man es vermuten könnte. Den norwegischen Braunkäse habe ich jedoch zum ersten Mal bei unseren norwegischen Freunden probiert. Deshalb liebe ich es bei meinen ausländischen Freunden zu Hause zu sein. Man entdeckt immer etwas mehr, als bei Aufenthalten in Hotels. Er schmeckt süß und hat eine ungewöhnliche Karamellfarbe. Mit dem Käseschneider hobelt man den Brunost, so heißt die norwegische Spezialität, in ganz feine Scheiben, um das Brot zu belegen. Markus aß diesen Käse mit Marmelade. Ich konnte den Geschmack nicht wirklich zuordnen. Nein, verliebt habe ich mich in Brunost nicht, aber ich fand es wie immer spannend Neues zu entdecken und mit Familie ihren Alltag zu leben. In den norwegischen Supermärkten faszinierten mich hohe gekühlte Säulen, die mit Crevetten gefüllt waren. Mit einer Schippe entnahm man die gewünschte Menge und gab sie in eine Tüte. Die Fisch- und Krustentierpasteten waren unglaublich lecker und die begleitenden Saucen ebenfalls. Am wundervollsten finde ich die Natur in Norwegen. Die Landung auf Oslo ist ein atemberaubender Anblick auf alle Schattierungen von Grün und die Fjorde, die sich durch die Landschaft schlängeln. Ein paar Schritte vom Haus entfernt waren wir bereits am Wasser, an einem winzig kleinen Strand und am kleinen, dunkelroten Bootshaus, wie man es von Bildern kennt. An diesem kleinen Strand haben die Kinder sogar Seesterne entdeckt, so klar ist das Wasser. Picknick Ausflüge mit dem Boot, der Anblick der Kinder in den orangefarbenen Schwimmwesten und mit ihren strahlenden Augen, das sind sehr schöne Erinnerungen. Lebenslange Norwegen Connection Valerio war fast bis zu seinem Abitur jedes Jahr in den Sommerferien in Norwegen. Zu seiner großen Abi Party sind auch Marianne und Markus aus Oslo angereist und wir haben mit unseren erwachsenen Söhnen getanzt. Vor zwei Jahren rief Marianne an und überraschte uns. Sie, Jan und Markus waren in Frankfurt! Was für eine Freude! Valerio hat uns einen schönen Tisch in einem Restaurant gebucht und wir haben Wiedersehen gefeiert. Nicht immer gelingt es über so viele Jahre Freundschaften zu pflegen. Der Alltag holt einen ein, jeder ist mit seinem Leben beschäftigt und die Verbindung nimmt unmerklich ab. Aber ich finde das nicht schlimm. Es zählt nur, was man fühlt, wenn man sich wiedersieht. Wenn es sich anfühlt, als sei man nie getrennt gewesen, dann ist es wunderbar und echt Wenn es sich beim Wiedersehen anfühlt, als sei die Zeit stehen geblieben, als wäre man nie getrennt gewesen, dann ist es echte Freundschaft Hermina Deiana Meine Empfehlungen für einen Oslo Besuch: Die berühmte Skischanze Holmenkollen darf bei einem Oslo Besuch nicht fehlen. Abgesehen davon, dass man von dieser Anhöhe einen atemberaubenden Ausblick auf Oslo hat. Holmenkollen Oslo Norwegen Oslo hat viele wunderschöne Parkanlagen. Der größte Park ist der Frogner Park. Ein Teil dieses Parks ist den Skulpturen des Künstlers und Bildhauers Gustav Vigeland (1869 – 1943) gewidmet, die er aus Bronze, Granit und Eisen erschaffen hat.  Mit dem 32 Hektar großen Vigeland Park hat Vigeland ein Gesamtkunstwerk geschaffen. Der Besuch ist ein Erlebnis. Ich liebe diesen sehenswerten Park voller Skulpturen, eine schöner und imposanter, als die andere. Vigelland Park Oslo Meine "Familie" in Spanien José und Patricia, meine spanische Familie, liebe ich sehr. Nein, sie sind keine Blutsverwandten, aber mit Patricia und José wurde aus einer Urlaubsbekanntschaft eine meiner sehr innigen Beziehungen. Begegnet sind wir uns 2009 in der Dominikanischen Republik. Ich hatte diese Reise Antonio zum 50. Geburtstag geschenkt. 14 Tage Cayo Levantado, auf einer Insel, auf der sich nur unser Hotel befand.   An der Strandbar kamen wir mit den beiden sofort ins Gespräch und es war wie Liebe auf den ersten Blick. Zum Glück sprachen wir spanisch, denn sonst hätten wir nicht kommunizieren können. Was hatten wir für einen Spaß mit Patricia und José. Wie Teenager haben wir uns benommen, gefeiert, nachts am Strand getanzt und jede Menge Cocktails geschlürft. Natürlich haben wir uns gegenseitig versprochen den Kontakt unbedingt aufrecht zu erhalten. 2011 haben sie uns in Deutschland besucht und wir haben Silvester zusammen gefeiert. Schon das Jahr darauf waren wir in Spanien. Auch sie haben einen Sohn, José Ramon ist ungefähr in Valerios Alter und Patricia war ebenfalls Unternehmerin. Über sehr viele Jahre hatte sie das führende Blumengeschäft am Ort. Kaum eine Hochzeit, Taufe oder runde Geburtstage ohne Patricias kunstvolle Blumenarrangements. Klar kennt jeder das spanische Nationalgericht Paella. Aber habt ihr es jemals mit Spaniern gemeinsam zubereitet? Auf dem Herd in der Küche? Niemals! Eine Paella Pfanne gehört auf offenes Holzfeuer oder alternativ höchstens auf den Gas Dreifuß. Es darf nur ein besonderer Reis verwendet werden und das wichtigste ist der Fond, Fleisch- oder Fischfond, je nach Paella, denn es gibt nach den Regionen unterschiedliche Zubereitungsarten. Josés caldo de pescado, Fischfond, den er natürlich selbst kocht, ist unschlagbar. Als Aperitivo gibt es meistens eine Cerveza, ein Bierchen oder einen Sherry. Es kann auch mal ein Cava, der spanische Schaumwein sein, den es auch in sehr hoher Qualität nach der klassischen methode champenoise gibt. Die lustigste Geschichte ist jedoch die Tradition mit den Trauben an Silvester um Mitternacht. José und Antonio waren einkaufen für Silvester und führten mit ihrem Einkauf zum Eklat. Silvester-Tradition in Spanien Als guter Gastgeber bat José Antonio die Trauben auszuwählen. Ob er es ihm nicht gut erklärt hatte wozu diese Trauben dienen oder ob er einfach geschwiegen hat, wissen wir bis heute nicht. Antonio hatte schöne große, helle Trauben gewählt. Als sie die Einkäufe auspackten sah ich in Patricias Gesicht und erkannte völlige Verstörung. „José, que pasa?“ Was ist los mit dir? Wie konntest du diese Trauben kaufen? Antonio fand sie schön, also habe ich sie genommen, antwortete er. Die Tradition besagt, dass man an Silvester bei den letzten 10 Glockenschlägen vor Mitternacht, bei jedem Schlag eine Traube isst. Das bringt Glück für das neue Jahr. Wie soll man pro Sekunde so eine riesige Traube verschlingen? Wir wussten nicht, ob wir weinen oder lachen sollten. Antonio hatte es nicht richtig verstanden, José wollte höflich sein, Patricia und Josés Mutter waren außer sich und es wurde trotzdem ein wundervolles und natürlich unvergessliches Silvesterfest und jedes Jahr lachen wir über die viel zu großen Trauben. Sie haben uns ein weiteres Mal in Deutschland besucht und wieder war es fantastisch. Wie es im Leben so ist, verliert man sich manchmal im Alltag und im Stress aus den Augen. Aber José und Patricia haben nie locker gelassen. Feiertage, Fußballspiele, EM und WM, nie fehlten ihre Anrufe. Wie bei uns, hat sich auch bei den beiden Vieles geändert. Patricia war erkrankt und sie hatte das Geschäft aufgegeben und vermietet, als der Sohn sein Studium abgeschlossen hatte. Schicksalsschläge lassen zusammenrücken 2022 hatte ich mit Patricia ein langes Facetime Gespräch. Wir haben es nachgeholt uns über all die Jahre auszutauschen, in denen wir uns nicht gesehen hatten. Meine Mutter war 2018 verstorben, ihre 2020, unsere Söhne hatten das Studium beendet, es gab viel zu erzählen und es fühlte sich so schön vertraut an. Sie beendete unser Gespräch mit der Frage: Warum kommst du nicht zu uns? Wann, fragte ich? Na jetzt! Ich dachte kurz nach. Ok, ich komme. Das Wiedersehen nach fast 11 Jahren war Gänsehaut pur. Wir hatten nicht wahrgenommen, wie sehr wir uns vermisst hatten. Erst als wir uns in den Armen lagen, spürten wir wie gut es tat wieder vereint zu sein. Auch letztes Jahr war ich zwei Wochen bei José und Patricia. Auch dort lebe ich ihren Alltag, ihre Gewohnheiten, ihre Traditionen und Esskultur einfach mit und fühle es als Bereicherung. Mein Leben bei Patricia und José in Spanien José geht sehr früh zur Arbeit, Patricia und ich schlafen aus. Wenn wir wach sind fahren wir ins Café zum Frühstücken. Jeder Tag ist exakt gleich. Wir bestellen Caffé con leche, einen Milchkaffee und eine tostada con tomate, ein geröstetes Brot welches mit geriebenen Tomaten bestrichen ist. Darauf geben wir ein paar Tropfen Olivenöl und etwas Salz. Dieses Frühstück kostet € 2,80. Wen wundert es, dass das Caffé jeden Tag voll ist mit Rentnern. Das können sie sich leisten und sie treffen sich täglich. Sollte mal jemand fehlen, fällt es sofort auf. Das ist das soziale Netzwerk der Menschen und ich liebe es. So treffen wir jeden Morgen Josés Mutter Josefa und ihre Freundinnen an einer langen Tafel sitzend. osefa, Josés Mutter, Patricia und ich - jeden Morgen im La Hormiga zum Frühstück Nach dem Frühstück gehen wir nach Hause und packen unsere Taschen für den Strand. Patricia und ich sind richtige Sonnenanbeterinnen und sie kennt Strände an denen auch im August zur Hochsaison fast niemand ist. Bevor wir danach nach Hause zum Mittagessen fahren, trinken wir meistens noch eine Cervezita, ein kleines Bierchen und naschen ein paar Oliven. José ist der Koch zu Hause. Meistens ist er schon da, wenn wir gegen 14.30 Uhr nach Hause kommen. Während er das Essen zubereitet springen wir in den Pool und decken anschließend den Tisch. Wir essen im Schatten auf der Terrasse, räumen gemeinsam ab. Dann ist Siesta Zeit. José und Patricia ziehen sich zur Mittagsruhe ins Schlafzimmer zurück und ich habe meinen wundervollen Platz im Garten. Eines Tages klingelte zur Siesta Zeit Patricias Handy. Wir waren noch am Küche aufräumen. Nimm ruhig ab, sagte ich. Hermina, was ist los mit der Menschheit? Es ist Siesta Zeit, das ist eine spanische Tradition und da ruft man niemand an! Die Menschen haben ihre eigene Kultur verloren. Sie meinte es ernst und ich musste trotzdem Tränen lachen. Noch so ein bleibender running gag! Patricia hat mit mir eine Tortilla zubereitet und ich habe gelernt, dass sie aus rohen Kartoffeln zubereitet wird. Die fantastischen Boquerones, Sardellen in Essig sauer eingelegt, dürfen bei Tapas nie fehlen. Und der luftgetrocknete Thunfisch, Mojama genannt und die getrockneten Fisch-Rogen, die auch in Italien als Bottarga sehr geschätzt werden, sind hochpreisige Delikatessen. Nach der Siesta packen wir gegen 18.00 Uhr unsere Taschen und fahren zu dritt an den Strand. Manchmal nehmen wir das Abendessen und Getränke mit, häufig eine Bluetooth Box, die ich den beiden geschenkt habe, um Musik zu hören und wir bleiben bis spät in die Nacht und springen in der Dunkelheit noch ins Meer. Ich liebe dieses Leben, meine spanische Familie und den Sommer. Königin der spanischen Küche Ich bin der Meinung, dass ich eine Spezialität entweder richtig esse oder gar nicht. Klar, wenn man das Original nie gekostet hat, fällt es einem in der Regel nicht schwer sich zufrieden zu geben oder gar zu mögen. Alles im Leben ist nun einmal relativ. Ich fand den einfachen Kuhmilch Mozzarella lecker, bis ich in der Nähe von Neapel den original Büffelmozzarella probiert habe. Und Paella hat mich nur bedingt begeistert, bis ich jene von José probiert habe und sogar mitzubereitet habe. Nie würde ich jetzt auf die Idee kommen zu versuchen sie anders zuzubereiten und sie Paella zu nennen, denn ich wäre nur enttäuscht. Ich hebe mir diesen Genuss einfach für Spanien auf, denn ich muss nicht immer alles hier haben und essen. Lassen wir das Gute auch mal dort, wo es hingehört und freuen uns einfach darauf. Die Paella auf den Fotos haben wir für ein Fest mit über vierzig Freunden zubereitet. Dazu gab es eine Live Band mit Flamenco Musik, Sonnenschein, Lachen, tanzende Menschen, Großzügigkeit, Gastfreundschaft, Lebensfreude, beim Schreiben laufen mir fast die Tränen bei den Gedanken an diese wundervolle Erlebnis. Wie du ein Land, seine Kultur und Esskultur am besten kennenlernst: Wenn du internationale Freunde hast, besuche sie, wenn sie dich einladen. Auch wenn du die Landessprache nicht kennst, weil ihr möglicherweise auf Englisch kommuniziert, nehme die Einladung an, beraube dich nicht selbst der schönen Erfahrung. Ein Lächeln und einen freundlichen Blick versteht man auf der ganzen Welt. Ein kleines Gastgeschenk aus deiner Heimat ist eine schöne Form der Wertschätzung und ein guter Start für die Kommunikation mit den Angehörigen, selbst wenn diese mit Händen und Füßen stattfindet. Informiere dich, bevor du ein Geschenk auswählst, ob es zur Landeskultur passt. Lerne die einfachen Begriffe wie guten Tag, guten Morgen, gute Nacht und vor allem Danke in der Landessprache. Mach dich im Haushalt nützlich. Benehme dich als seist du bereits ein Teil der Familie. Helfe beim Tisch decken, abräumen, mach dein Bett, frage nach Reinigungsmitteln und hinterlasse das Bad immer sauber, denn du befindest dich nicht in einem Hotel. So zeigst du deine Wertschätzung dafür, dass dich jemand in seinen privaten Räumlichkeiten willkommen heißt. Biete beim Kochen deine Hilfe an, zeige Interesse für die Esskultur und lerne wie landestypische Spezialitäten zubereitet werden. Frag, ob du zum Einkauf begleiten darfst. Das freut die Menschen in der Regel und du entdeckst auf Märkten und in Geschäften Lebensmittel, die du möglicherweise noch nicht kennst. Lass es deine Gastgeber nicht spüren, dass du möglicherweise luxuriöser oder besser ausgestattet lebst, vergleiche nicht alles mit deinem Leben und vor allem belehre sie bitte nicht. Lebe ihren Lebensstil und Alltag selbstverständlich mit. Bitte rede nicht ständig nur von deiner Kultur. Dränge niemals deins auf, sondern nehme das Fremde an. Du bist in einem anderen Land, lege den Fokus darauf und sei bereit Neues zu lernen. Erkläre deinen Gastgebern nicht ihr Land und erwarte nicht, dass sie deine Reiseführer sind. Überlasse es ihnen, dass sie dir zeigen, was sie möchten. Sei für deine Gastgeber eine Bereicherung und keine Belastung. Ich wünsche jedem vom euch traumhaft schöne, unvergessliche Erlebnisse mit wundervollen Menschen auf der ganzen Welt. Ganz großes Dankeschön! Dieses war der letzte Teil meines Kapitels „Die Entdeckung“. Aus diesem Auszug meines Lebens und den damit verbundenen Erlebnissen, haben sich viele weitere Puzzleteile entwickelt, für die ich sehr dankbar bin. Ich denke, wir sind immer die Summe unserer Erfahrungen und Erlebnisse und dem, was wir daraus machen und ich bin sehr froh, so viele wunderbare Gelegenheiten und Chancen bekommen zu haben und den Mut hatte sie zu ergreifen. Das nächste Kapitel, „Die Entwicklung“, schreibe ich gerade. Danke von Herzen, dass ihr mir und meinen Geschichten Zeit widmet.  

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